Inhalt
0. Editorial 1. Sonderausstellung „NS Euthanasie vor Gericht"
2. Film-Premiere „Aufruf letzter Zeugen"
3. Festival „Kunst ist verrückt"
4. Lesung Sven Ramos
5. Ihre Unterstützung
6. Abonnement und Kontakt
7. Impressum
0. Editorial
Liebe Freunde des Sächsischen Psychiatriemuseums,
dieser Newsletter möchte Sie über die kommenden Ausstellungen und Veranstaltungen des Sächsischen Psychiatriemuseums und des Vereins Durchblick e.V. informieren. Nach der Eröffnung der Sonderausstellung „NS-Euthanasie" vor Gericht. Der Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947" bieten wir ein Rahmenprogramm, zu dessen Auftakt bereits am 13. September die Leipzig-Premiere des Dokumentarfilms "Aufruf letzter Zeugen - Spuren in die Vergangenheit" zu sehen ist.
Auf die weiteren Veranstaltungen im Kontext der Ausstellung, die bis zum 20. Oktober im Sächsischen Psychiatriemuseum zu sehen sein wird, möchten wir Sie ebenso aufmerksam machen, wie auf das Programm des Festivals „Kunst ist verrückt" vom 24. bis 28. September in Leipzig. Einer der Höhepunkte des Festivals ist sicher die Lesung mit Konstantin Wecker, den wir mit Unterstützung der Moritzbastei nach Leipzig einladen konnten.
Über Ihr Interesse würde ich mich freuen.
Ihr Thomas R. Müller
Leiter des Sächsischen Psychiatriemuseums
1. Sonderausstellung „NS-Euthanasie vor Gericht“
1947 fand vor dem Landgericht Dresden einer der bedeutendsten Prozesse in Deutschland zu den nationalsozialistischen „Euthanasie"-Verbrechen statt. Dieses Gerichtsverfahren, das als Dresdner „Euthanasie"-Prozess in die Geschichte eingegangen ist, ist Gegenstand einer Sonderausstellung, die von der Gedenkstätte Münchner Platz Dresden, der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein und dem Sächsischen Psychiatriemuseum gemeinsam erarbeitet wurde.
Im Mittelpunkt steht die Geschichte und Wirkung des Prozesses. Dabei werden u.a. die Strategien von Anklage und Verteidigung, die Gutachten der medizinischen Sachverständigen, die Reaktionen der Öffentlichkeit und die Ergebnisse des Prozesses thematisiert und in den zeithistorischen und psychiatriegeschichtlichen Kontext gestellt. Besondere Würdigung erfahren ausgewählte Biographien von Opfern der Verbrechen, denen Karrieren einzelner Täter gegenübergestellt werden. Weiterhin werden die Hintergründe der„Euthanasie"-Verbrechen und ihre weitere Aufarbeitung in Ost- und Westdeutschland dargestellt.
Die Ausstellung umfasst 15 Tafeln und einige Vitrinen mit historischen Dokumenten und Sachzeugen.
Das Begleitprogramm bietet am 13.9. um 19 Uhr die Leipziger Erstaufführung des neuen Dokumentarfilms der Dresdner Filmemacherin Heide Blum, in dem die letzten Zeitzeugen des Prozesses und Angehörige von Opfern der„Euthanasie" zu Wort kommen.
Am 26. September um 20.30 Uhr wird der Film „Der Pannwitzblick“ in der Regie von Didi Danquart gezeigt. Der Film beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Blick auf Behinderte im Nationalsozialismus und in der Gegenwart.
Im Mittelpunkt eines Vortrages am 4. Oktober um 19 Uhr steht der Hauptangeklagte des Dresdner Prozesses, der Psychiater Hermann Paul Nitsche. Es spricht Thomas R. Müller, Leiter des Sächsischen Psychiatriemuseums.
Die Ausstellung ist noch bis zum 20. Oktober in Leipzig zu sehen und wird ab 27. Oktober in Pirna gezeigt.
Unsere Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonnabend 13 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung
Ab 2008 kann die Ausstellung (ohne Vitrinen) als Wanderausstellung ausgeliehen werden.
2. Leipzig-Premiere des Dokumentarfilms „Aufruf letzter Zeugen - Spuren in die Vergangenheit“
m Rahmen der Sonderausstellung „NS-"Euthanasie" vor Gericht - Der Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947" zeigt das Sächsische Psychiatriemuseum am 13. September um 19 Uhr als Leipzig-Premiere den Dokumentarfilm "Aufruf letzter Zeugen - Spuren in die Vergangenheit" (2007) in Anwesenheit der Dresdner Filmemacherin Heide Blum.
Zum Film
Pirna-Sonnenstein war eine der sechs Tötungsanstalten in Deutschland, in denen die Nationalsozialisten ihr "T 4"-Programm zur Tötung psychisch kranker und behinderter Insassen von Heil- und Pflegeanstalten umsetzten. Allein auf dem Sonnenstein wurden fast 14.000 Menschen ermordet, Tausende mehr fielen den Medikamententötungen in anderen Anstalten wie Großschweidnitz zum Opfer. Doch die Vorgänge in den sächsischen Anstalten wurden damals wie heute von der Bevölkerung zumeist verschwiegen und verdrängt.
Der Film dokumentiert mittels Zeitzeugenbefragungen und Tatortbesichtigungen diese Tötungsverbrechen. Im Mittelpunkt steht dabei der sogenannte Dresdner-"Euthanasie"-Prozess 1947, eines der bedeutendesten Gerichtsverfahren zu diesem Tatkomplex in Deutschland.
Heide Blum arbeitet seit über 40 Jahren für Film und Fernsehen. Sie produzierte zahlreiche im Fernsehen gesendete Dokumentar- und Fernsehfilme über KünstlerInnen der verschiedensten Genres, über Maler, Schriftsteller, Sänger, Regisseure.
In besonderer Weise fühlt sich Heide Blum der Thematik der "Euthanasie"-Verbrechen verpflichtet:
„... es wird schon alles wieder gut..." 1997, Porträt der Malerin Elfriede Lohse-Wächtler ( 1899-1944)
„Tu Deinen Mund auf für die Schwachen!" 2000, Film über Euthanasieverbrechen an Kindern in Sachsen 1940/ Porträt Katharinenhof
3. Festival „Kunst ist verrückt“
Wie verrückt ist die Kunst? Wie kreativ ist die Psychiatrie? Vom 24. bis 28. September unternimmt der Verein Durchblick e.V. mit seinem 13. Festival "Kunst ist verrückt" eine Annäherung an das Wechselspiel zwischen Kunst und Verrücktheit, Kreativität und Psychiatrie.
Das Festival bietet ein Programm mit sechs Veranstaltungen der unterschiedlichsten Genre, mit prominenten Künstlern wie Konstantin Wecker, mit interessanten Neu-Entdeckungen aus dem Umfeld der Psychiatrie, mit Bestsellern (Elling) und Klassikern (Freaks).
Zum Festivalauftakt am 24.9.2007 liest Konstantin Wecker aus seinem soeben erschienenen Buch "Die Kunst des Scheiterns. Tausend unmögliche Wege, das Glück zu finden" (Piper, 2007). Der Musiker, Liedermacher, Komponist und Autor erzählt in seiner Autobiographie von der ewigen Suche nach dem Paradies.
Bei der Veranstaltung "Psychiatrie literarisch" am 25.9. lesen die in der Psychiatrieszene bekannten Berliner Autoren Ilse Eichenbrenner und Peter Mannsdorff erstmals gemeinsam. Im anschließenden Gespräch wird es um die Psychiatrie als literarischen Stoff und die unterschiedlichen Perspektiven der Autoren gehen.
Mit einer umfassenden Ausstellung präsentiert sich die "durch blick galerie" im Sozialgericht Leipzig. Unter dem Titel "Kunstgerecht" stellt die Leipziger Galerie auf drei Etagen Arbeiten von Künstlern aus dem Umfeld der Psychiatrie aus. Die Ausstellungseröffnung findet am 26.9. um 18.00 Uhr statt.
Um 20.30 Uhr läuft im Sächsischen Psychiatriemuseum der Film "Der Pannwitzblick", Regie Didi Danquart. Ein analytischer Montagefilm mit einer ungewöhnlichen Sprache, mit ungewöhnlichen Bildern über ein ungewöhnliches Thema: die Aussonderung von geistig und körperlich behinderten Menschen.
„Elling", der Film über eine skurrile Psycho-WG mit dem schrulligen Elling, der zum Osloer Undergroundpoeten wird, ist Kult. Auf den Erfolgsromanen von Ingvar Ambjornsen basiert auch das Hörspiel "Elling schreibt", das 2004 vom MDR produziert wurde und beim Audio-Verlag als Hörbuch erschienen ist. Am 27.9. wird das Hörspiel in der Moritzbastei aufgeführt.
„Elling schreibt" ist ein Roadmovie zum Hören, eine beschwingte Frühlingsreise, die fröhlich macht. (mdr - Figaro 19.04.2004)
Der Film "Freaks", 1932 von Dracula-Regisseur Tod Browning gedreht, wurde lange Zeit als Gruselfilm gesehen, missverstanden und verboten.
Die Geschichte spielt im Zirkusmilieu, wo der Liliputaner Hans und andere "Missgeburten" in einer sog. Freakshow auftreten. Der Einsatz von behinderten Darstellern stieß seinerzeit auf Ablehnung bei Kritikern und Publikum und bedeutete für Browning das Karriereende.
Dabei verkörpern in diesem bemerkenswerten Film gerade die Ausgestoßenen und „Monster" die menschlichen Werte gegenüber der Dummheit und Arroganz der Normalen und Schönen. Zur Einführung spricht Thomas R. Müller, Sächsisches Psychiatriemuseum.
Alle Termine unter Service oder www.kunst-ist-verrueckt.de
4. Lesung Sven Ramos
Am 19. September um 20 Uhr in der durch blick galerie" liest Sven Ramos aus seinem Buch "Irgendjemand lacht in mir. Aus dem Schizophrenen übersetzt von Susan Schmidt".
Das Buch ist im Verlag Mensch & Buch Berlin, 2007 erschienen.
„Wenn ich diese verdammte Welt hinter mir lasse, könnte ich mich damit befassen, über meine schizophrenen Abenteuer zu berichten.", notiert Sven Ramos-Bulik in einer Lebensphase, in der es ihm noch nicht besonders gut geht. Zwar hat er sich entschlossen, in die Klinik zu gehen, doch noch hat er Margarita, seine innere Stimme, nicht besiegt, noch ängstigen ihn seine telepathischen Fähigkeiten, fühlt er in sich das Messianische und glaubt an seine Unsterblichkeit. Aber eigentlich hat er genug von diesen übersinnlichen Erfahrungen, denn "Gott sein macht einsam".
Zu dieser Zeit, etwa Mitte der 90er Jahre, hat er ein gutes Stück des Weges zu sich selbst schon bewältigt. Die Drogenexperimente, die zum Ausbruch der Schizophrenie geführt haben, zu Halluzinationen, zu Angstattacken, bei denen er sich in seiner Wohnung verkriechen musste, zum Glauben an die Erleuchtung und zu dem einsamen Leben eines "Auserwählten".
Damals, als er das Interesse an den normalen Menschen und den Kontakt zu ihnen verlor, blieb ihm nicht nur Margarita, sondern zum Glück auch das Tagebuch, dem er seine Größenideen, aber auch Unsicherheit und Verzweiflung anvertraute.
Diese Aufzeichnungen bilden nun die Grundlage für sein Buch mit dem schönen Titel "Irgendjemand lacht in mir". Es ist keine leichte Lektüre, denn der ursprüngliche Stil ist wohl weitgehend übernommen; Gedankenfetzen und Assoziationen stehen neben Schilderungen von Befindlichkeiten und erzählenden Passagen. Insofern ist die etwas anmaßende Ankündigung der Co-Autorin Susan Schmidt einer "Übersetzung aus dem Schizophrenen" durchaus gelungen, was allerdings die hier und da fehlende Lektorierung des Textes zu einer Gradwanderung werden lässt. Die Einführung der Psychologin gibt zwar wertvolle biographische Informationen und erläutert Zusammenhänge, könnte aber durch die therapeutische Diktion den Leserkreis eher einschränken
Wer Sven Ramos-Bulik persönlich kennt, weiß um seine ungewöhnliche Fähigkeit, fesselnd über sich und seine Geschichte zu berichten. Im letzten Kapitel höre ich ihn sprechen, wenn er seine Einsichten formuliert und uns darin nach der langen und noch unvollendeten Odyssee mit auf den Weg gibt, dass die Wirklichkeit viel schöner und intensiver ist und viel mehr Möglichkeiten bietet als jede Droge. "Es lohnt sich wirklich durchzuhalten. Alles wird gut."
Thomas R. Müller, Leipzig
(Vorabveröffentlichung aus der Zeitschrift „Soziale Psychiatrie")
5. Service
Termine, Projekte, Buch- und Ausstellungsempfehlungen
Sonderausstellung
NS-„Euthanasie" vor Gericht. Der Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947
vom 5.9. bis 20.10.2007
im Sächsischen Psychiatriemuseum
vom 27.10. bis 20.12.2007
in der Gedenkstätte Pirna Sonnenstein
Rahmenprogramm zur Ausstellung
13. September, 19.00 Uhr
Film-Premiere
„Aufruf letzter Zeugen - Spuren in die Vergangenheit" (2007)
in Anwesenheit der Dresdner Filmemacherin Heide Blum.
26. September, 20.30 Uhr
Der Pannwitzblick (BRD 1991)
Analytischer Montagefilm von Didi Danquardt über den gesellschaftlichen Blick auf Behinderte im Nationalsozialismus und in der Gegenwart
4. Oktober, 19.00 Uhr Zwischen „Psychiatriereform" und „Euthanasie"
Vortrag von Thomas R. Müller zu Hermann Paul Nitsche, dem Hauptangeklagten im Dresdner „Euthanasie"-Prozess
Festival „Kunst ist verrückt"
Montag, 24.September, 20.00 Uhr Moritzbastei
Konstantin Wecker „Die Kunst des Scheiterns.
Tausend unmögliche Wege, das Glück zu finden"
Lesung
Dienstag, 25.September, 19.30 Uhr, Moritzbastei
Psychiatrie literarisch
Lesung mit Ilse Eichenbrenner und Peter Mannsdorff
Mittwoch, 26. September, 18.00 Uhr, Sozialgericht, Berliner Str. 11
kunstgerecht. Arbeiten der durch blick galerie
Ausstellungseröffnung
Mittwoch, 26. September, 20.30 Uhr, Sächsisches Psychiatriemuseum
Der Pannwitzblick (BRD 1991)
Donnerstag, 27. September, 20.00 Uhr, Moritzbastei
Ingvar Ambjornsen: Elling schreibt (Hörspiel)
Mit freundlicher Genehmigung des MDR und von
Der Audio Verlag GmbH (als Hörbuch im Buchhandel erhältlich)
Freitag, 28. September, 20.00 Uhr, Moritzbastei
Freaks (Film)
Regie: Tod Browning, USA, 1932
Gern nehmen wir Ihre Veranstaltungen und Termine zu psychiatriegeschichtlichen Themen in unseren Newsletter auf.
Die nächste Ausgabe erscheint im Oktober/November 2007.
6. Ihre Unterstützung
Da unser Projekt über keine dauerhafte Finanzierung verfügt, benötigen wir Ihre Unterstützung. Jede Spende hilft uns und kann durch eine Spendenquittung bestätigt werden.
Spendenkonto:
Konto-Nr.. 3 52 14 02
BLZ: 860 205 00
Bank für Sozialwirtschaft
Stichwort: Psychiatriemuseum
7. Abonnement und Kontakt
Um mit uns Kontakt aufzunehmen oder den Newsletter abzubestellen, schicken Sie bitte eine Mail an:
8. Impressum
Herausgeber: Sammlung Sächsisches Psychiatriemuseum des Vereins Durchblick e.V.
Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Thomas Müller,
Redaktionsschluß: 11.09.2007
www.psychiatriemuseum.de
www.durchblick-ev.de
www.kunst-ist-verrueckt.de
© Sächsisches Psychiatriemuseum Mainzer Straße 7 04109 Leipzig
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